Es ist was es ist – und es ist die Hoffnung
Es ist Veränderung
Es geschieht etwas in unserer Kirche. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man sich die Ankündigung des weltweiten Synodalen Weges vor Augen führt, der von Papst Franziskus angestoßen worden ist. Dabei sollte dies eigentlich ganz selbstverständlich sein, denn schließlich gilt: Ecclesia semper reformanda est.
Die Kirche muss sich immer wieder erneuern. Wer es versäumt, das, was ihm wichtig ist, rechtzeitig zu erneuern, wird es entweder später viel teurer bezahlen oder ganz verlieren. Und als Gemeinschaft der Glaubenden bezeichnen wir uns ja nicht als das stehen gebliebene, sondern als das pilgernde Volk Gottes. Wir wähnen uns also auf einem ständig sich verändernden Weg.
Es ist lebensfremd
Seit vielen Jahren wird die katholische Kirche mit ihren bewahrenden und zum Teil völlig überkommenden Haltungen etwa in der Frauenfrage, der Sexualmoral und der Familien-planung als rückwärtsgewandte Institution wahrgenommen, die sich von den Lebenswelten und Lebenswirklichkeiten der meisten Menschen längst entfernt hat.
Sie spielt deshalb auch kaum mehr eine Rolle in der Lebensgestaltung der meisten Menschen. Sind die sich ständig leerer werden Kirchen nicht Ausdruck einer Abstimmung mit den Füßen?
Die Kirche hat größtenteils den inneren Kompass für die Sorgen, Nöte und Würde der Menschen verloren. Sie muss ihren Platz in einer sich ständig veränderten Gesellschaft immer wieder reflektieren und sich damit abfinden, dass sie (nur mehr) eine Stimme unter vielen ist.
Sich dabei an den Meinungen der Ränder der Gesellschaft verzweifelt zu orientieren und sich hinter einem überholten Kirchenrecht als letztes Machtinstrument zu verstecken stellt dabei kein Zukunftskonzept dar.
Auf diesen Weg in die Zukunft gibt es so manchen Ballast abzuwerfen und gleichzeitig damit Schuld einzubekennen.
Es ist Unrecht
Es ist unrecht was man(n) den Kindern tat
Es ist unrecht was man(n) Frauen tut
Es ist unrecht, dass man(n) wieder Liebende aus der Gemeinschaft ausschließt
Es ist unrecht was man(n) Priestern tut, die sich in Liebe auf einen einzelnen Menschen einlassen
Es ist unrecht was man(n) den Armen tut, wenn der Prunk der Kurie alles überstrahlt
Es ist eine Machtfrage
Wir reden seit dem 2. Vatikanischen Konzil wieder mehr vom „Volk Gottes“.
Nach einer damit eingeleiteten deutlichen Aufbruchsstimmung – siehe dazu auch zum Beispiel das „Kirchenvolksbegehren“ in den Neunzigern – ist der Empowermentprozess von engagierten Männern und Frauen in der Kirche längst wieder ins Stocken geraten.
Wie viele Pfarrgemeinderät:innen muss es noch geben, die sich aus dieser Funktion frustriert zurückziehen, da in vielen Pfarren allein der letzte Wille des Pfarrers zählt?
Ist es nicht an der Zeit, einen umfassenden Endhierarchisierungs- und Demokratisierungsprozess einzuleiten, der die zukünftige Stellung des Klerus als wirklichen Dienst am Menschen definiert und damit die bisherige Machtposition und Höherstellung beendet wird?
Und es ist die Hoffnung
Bei all diesen aufgeworfenen Problemstellungen und notwendigen umfassenden Reformschritten muss uns eines klar sein: Das Ausmaß der notwendigen Reformen überschreitet die Zielsetzungen und Erwartungshaltungen, die in die Reformkraft des „Synodalen Prozesses“ gesetzt werden können.
Aber es kann ein mutiger Anfang sein. Ein Anfang, der Hoffnung gibt, dass dieser Paradigmenwechsel eingeleitet werden kann, damit die Kirche zu ihrer Lebendigkeit zurückfindet, die jene Kraft in sich birgt, die zu neuen, zeitgemäßen und glaubwürdigen Formen des Glaubens und der Lebenspraxis führen kann.
Und jenen, die Angst um die Traditionen der Kirche haben, sei gesagt: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“ (Thomas Morus).
Martin Hochegger
Vorsitzender der KAB Steiermark