Pflegereform – ein gewaltiger Schritt, dem viele noch folgen müssen
Ich begrüsse die Entwicklung sehr und sehe hier Teilschritte in die richtige Richtung gesetzt, zugleich bleibe ich, wie viele Berufskolleg:innen, mit denen ich mich zeitnah austauschen konnte, aus folgenden Gründen skeptisch.
Zuallererst handelt es sich um eine Reform von beachtlichen finanziellen Volumen, deren Nachhaltigkeit durch langfristige gesetzliche Verankerung der Verbesserungen mir nicht sichergestellt scheint, sondern als einmalige Leistung, zahlbar in Raten auf 2 Jahren angelegt scheint.
Das Paket selbst setzt schon an den richtigen Stellen an.
Es wird versucht, weiteres langgedientes Personal im Beruf zu halten (höhere Entlohnung, ev. 2 Nachtdienststundenausgleiche, ev. zusätzliche Urlaubwoche), neue Kolleg:innen durch Schmälerung der finanziellen Existenzängste (erhöhte Ausbildungsentschädigungen) und neuen Ausbildungsformen in die Pflege zu bringen, Angehörige zu Entlasten (das meines Erachtens gelungenste Teilpaket), die 24h-Begleitung wird zumindest thematisiert.
Aufmerksam beobachten sollte man nun die Qualität der Berufseinsteiger:innen, die Veränderungen bzgl. Nostrifizierungen, dem Bereich der Sprachbarriere sowie die Ermächtigungserweiterung für Pflege-/und Pflegefachassistent:innen.
Fragend zeige ich mich bzgl. Aussparung des Bereiches der Sozialberufe.
Wird es für den Behindertenbereich ein Sonderpaket geben? Welche Regelung gilt für Mitarbeiter:innen mit pädagogischer und pflegerischer Ausbildung ?
Enttäuscht zeige ich mich, dass vieles im Paket nicht enthalten scheint: Ausbleibende Massnahmen zur Kürzung der Arbeitszeit, fehlende Verankerung von Ansprüchen auf psychosoziale Unterstützung in der Dienstzeit, Vorbereitungs- bzw. Teamsitzungszeit, Erweiterungen im Berufskrankheitenregister, Anhebung des Lohnniveaus auf einen österreichweiten Standard, Aufnahme ins Schwerarbeitergesetz.
Und: Was passiert mit all jenen Kolleg:innen, die wir auf den langen Weg hierher schon verloren haben und teilweise schwer erkrankt nicht die Kraft finden, wieder durchzustarten?
Jürgen Hans Sittlinger, DGKS,
Experte für den Bereich Pflegereform im Vorstand der KAB