„Sehen – Urteilen – Handeln“
Die KAB Steiermark, eine Teilorganisation der Katholischen Aktion, lud zu einer Buchpräsentation ins Literaturhaus in Graz und viele Gäste lauschten den Erinnerungen von zahlreichen Autor:innen, die ihre Erfahrungen an ihre Zeit als aktive Mitglieder der katholischen Arbeiterjugend und der Arbeiterbewegung im Rahmen einer Geschichtswerkstatt niedergeschrieben hatten.
Aus heutiger Sicht überrascht der Weitblick, mit dem sich die damaligen engagierten Personen den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und religiösen Themenstellungen ihrer Zeit zugewandt haben. Inspiriert durch Joseph Cardijn, dem belgischen Arbeiterpriester und Gründer der internationalen CAJ-Bewegung, und mit dem sicheren Blick für die großen Zusammenhänge, forderten sie unter anderem eine Wirtschaftsordnung, die zugleich auf das wirtschaftliche wie soziale Gemeinwohl ausgerichtet hätte sein sollen. Ausgangspunkt und Fundament dafür waren die Katholische Soziallehre und innerkirchliche Reformbestrebungen, vor allem rund um das 2. Vatikanische Konzil, als ein Reformruck durch die Kirche ging.
Lehrreich und spannend sind auch die Berichte über die gesellschaftspolitischen Verwerfungen in den 1950-iger Jahren. Die Nachwirkungen aus den Ereignissen der Bürgerkriegszeit in den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts, dem Ständestaat und dem Austrofaschismus hatten besonders in der Mur-Mürzfurche eine kirchenskeptische Stimmung zurückgelassen. Es hat damals Mut gebraucht, um sich zur Kirche zu bekennen.
Dabei waren die persönlichen Erinnerungen von Altvikar Leopold Städtler ein absolutes Highlight des Nachmittags. Humorvoll und mit klarem Blick schilderte er die damaligen Spannungsfelder und Herausforderungen. Weitere Erinnerungen wurden direkt von Ingrid Staubmann und durch die Schauspielerin Ninja Reichert angesprochen. Reichert präsentierte dabei eindrucksvoll kurze Texte von einzelnen Autor:innen. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch Lothar Lässer, der stimmungsvolle Arbeiterlieder zum Besten gab.
Mit den Interviews mit KA-Präsident Andreas Gjecaj, Anneliese Pieber und Elke Lambauer wurde anschließend ein Blick in die mögliche Zukunft der KAB gewagt. Dabei wurden auch Zielgruppen wie Haftentlassene oder Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen angesprochen, die aus unterschiedlichen Gründen besondere Unterstützungen benötigen um einen Platz in der Arbeitswelt zu ergattern.
In seiner Abschlussrede bedankte sich KAB-Vorsitzender Martin Hochegger beim Redaktionsteam rund um Elisabeth Jursa, Franz Windisch und Johannes Labner.
Darüber hinaus zeichnete Hochegger ein klares Bild für die Zukunft der KAB Steiermark:
„Um zu überleben, um weiterhin innerhalb der Kirche eine starke Lobbyistin für die Katholische Soziallehre und für eine geschwisterliche Kirche zu sein, bedarf es auch innerhalb der KAB eines Transformationsprozesses.
Altes muss losgelassen, neue Wege gefunden werden. Um sich mutig in die Zukunft hineinleben zu können, bedarf es auf jeden Fall der Würdigung unserer Wurzeln und der Erinnerung an sie.
Wobei nicht die Anbetung der Asche für uns die Richtschnur ist, sondern das Feuer der ehemals Engagierten weitergegeben werden soll!“