„Die Kirche soll zur Festigung der Demokratie offene Diskursräume schaffen“

In seinem Eingangsstatement verwies er auf die Ereignisse in Österreich 1933/34 und wie schnell die damals noch junge Demokratie Schritt für Schritt demontiert und eine Diktatur installiert worden war.
Dr, Heinz Wassermann, Historiker und Politologe, präsentierte anschließend als ersten wissenschaftlichen Input Werte aus unterschiedlichsten Studien in Bezug auf Demokratieverständnis und Werteorientierung. Dabei wurde sichtbar, dass in Österreich das Bekenntnis zur Demokratie über die Jahre an sich deutlich gestiegen sei.
Abgenommen hat im Zeitraum der letzten Jahre die Zustimmung zur herrschenden Politikkultur. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung bewertet die Performance negativ.
Dies würde sich auch in den aktuelle abgefragten Beliebtheitswerten der Politiker:innen ausdrücken. Nur fünf der aktiv tätigen Politiker:innen haben derzeit positive Werte, die allermeisten Politiker:innen auf Bundesebene würden im negativen Bereich angesiedelt sein.
Sein Resümee: Die Zustimmung zur Demokratie sei an sich hoch, allerdings stehe sie unter großem „Stress“ auf Grund unterschiedlichster Herausforderungen.
In seinem Eingangsstatement verwies Vizekanzler Werner Kogler auf die destruktive Wirkung der Sozialen Medien und dass über diese eine demokratiegefährdende Kampagne von bestimmten politischen Kreisen gefahren werden würde. Der große „Stresstest“ für die Gesellschaft sei jedoch das Verständnis für einschneidende Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes und er setze doch darauf, dass durch massive Aufklärungsarbeit eine hohe Akzeptanz für einschneidende Maßnahmen erreicht werden könne.
Bürgermeisterin Kahr verwies in ihrem Statement auf die Notwendigkeit des direkten Kontaktes mit der Bevölkerung und mit sehr konkreten Hilfestellungen und nachvollziehbaren Unterstützungsleistungen durch die Politik. Sie verwies auch auf die ihrer Meinung nach gute Kultur der Zusammenarbeit im Grazer Gemeinderat, so wären alle Parteien in allen Ausschüssen vertreten und weiters auf eine Vielzahl von Beiräten, in denen auch viele Personen und Initiativen aus der Zivilgesellschaft eingebunden seien.
Landtagsabgeordneter Andreas Kinsky wies auf die notwendige Unterscheidung zwischen Populismus und Extremismus hin. Auch auf Grund seiner eigenen Familiengeschichte würde er jede Form von Extremismus – sei es von rechts oder auch von links – ablehnen. Der Grund, warum die FPÖ so stark punkten würde, läge auch in der Tatsache, dass diese Bereiche kritisieren und erfolgreich skandalisieren würde, wo jahrelang von Seiten der anderen Parteien weggeschaut worden wäre. Als Beispiel dafür nannte er die Ausländerpolitik. Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes hielt ein Plädoyer für die Stärkung der Zivilgesellschaft wies auf die Verantwortung jedes Bürgers, jeder Bürgerin hin, sich jeden Tag für Demokratie, Menschenrechte und Menschenwürde einzusetzen. Eine wichtige Rolle dabei spiele in ihren Augen dabei die Bildungspolitik. Einig waren sich alle Personen in der Einschätzung der Gefahren rund um die sozialen Medien und von der Notwendigkeit des respektvollen Umganges mit Andersdenkenden.
Auf die Frage von Stadtpfarrer Egon Pristavec – auch er befand sich im Publikum und beteiligte sich an der anschließenden Diskussion – welche Rolle die Kirche bei der Verteidigung der Demokratie zukäme, appellierte Dr.in Griss an die Verantwortlichen Kirche zur Festigung der Demokratie offene Diskursräume zu schaffen.
Anschließend wurde noch leidenschaftlich bei Wasser, Wein und Brötchen weiterdiskutiert.
Insgesamt ein weiterer gelungener Abend in der Veranstaltungsreihe.
Martin Hochegger, KAB-Vorsitzender